Des Weiteren ging Dingsbums nun zu einer neuen Strategie über, die ihr, als meine „Erziehungsberechtigte“, nein, als meine Erziehungsverpflichtete mit Hirnkrämpfen, alle Ehre machte. Sie zeigte mir wie langweilig ich in ihren Augen war!
Wenn ich, der Troll, etwas zu Dingsbums sagte, fing sie sofort zu gähnen an… Wenn mich andere Leute lobten, dann schwieg sie betreten und dachte bei sich: „Die hat das Arschloch aber wieder raffiniert getäuscht!“ Und noch viel wichtiger: Sie griff mich in der Öffentlichkeit an wo sie konnte, versuchte mich lächerlich zu machen wo es nur ging und sie fiel mir ins Wort, wenn ich glaubte mich an einem Gespräch, mittels eigener Meinungsäußerung beteiligen zu müssen.

Deshalb nutzte ich jede Gelegenheit mich zu rechtfertigen und auch jede Gelegenheit Vorzüge zu genießen an die andere Männer nicht herankamen kamen.
Und langsam ging mir der Ruf der Verworfenheit voraus – was bei einigen Männern Neid und Bewunderung auslöste, bei einigen Frauen Neugierde und bei den Freundinnen von Dingsbums Ekelgefühle, was meine Person (nicht mich als Troll) betraf.
Schmarrtina Vettele jedoch stand über allen Zweifeln. Zwar konnte man sie getrost „Königin des Sumpfes“ nennen, aber ihre finanzielle Relevanz war nicht zu übersehen, denn ihr gehörte ein Großteil ihres Heimatortes, der ein Vorort unserer Großstadt war.

Was lag näher, als sie nun zur Rechtfertigung meiner Tätigkeiten heranzuziehen, da sie mich anfangs doch mit Aufträgen überschüttete. Bei jeder Party auf der es für mich brenzlig wurde, weil jemand anfing sich nach meinem Beruf zu erkundigen und ich immer nur „Bildender Troll“ sagen konnte, schob ich Schmarri als Auftraggeberin in den Vordergrund und versuchte mich im Glanz ihres Reichtums zu sonnen, der auch mir eine scheinbare Existenzberechtigung gab.
Im Gegenzug leistete ich der Sumpfkönigin unendlich viele Freundschaftsdienste. Ich chauffierte sie so oft sie wollte und wohin sie wollte...ich dachte sie schätzt eben meine Gegenwart so sehr. Naivität hielt ich damals bei einem Troll für unmöglich!

Dann setzte die Zeit der Seancen ein. Mein Troll und ich hatten extra dafür ein Tischchen gebaut das schreiben konnte. Das faszinierte unsere Nachbarsfreunde Schlaudia und Nanana, das ließ Guntram staunen und brachte mir allerlei Gäste ins Haus, die ebenfalls einmal erleben wollten was so ein hölzerner Gegenstand zu sagen hatte.
Josenf enthielt sich hingegen weise eines Urteils, spürte aber die Anwesenheit der Elfen und drängte mich ihn mit ihnen bekannt zu machen...was ich allerdings nicht konnte, Troll oder nicht!

Gleichzeitig hatte ich die Bekanntschaft einer jungen Türkin gemacht, die eigentlich auf meinen Cousin Berti stand, aber behauptete mit mir geistig verheiratet zu sein, da wir angeblich völlig identische Gedankengänge hätten.
Doch Berti war Arzt und hatte etwas zu bieten. Ich wiederum nicht. Und deshalb waren die Reden von „Strampel“ (Kosename der Orietalin) zum Glück völlig belanglos.

Um Berti eifersüchtig zu machen und wahrscheinlich auch ihrer reinen Seele wegen, schleppte mich Strampel überallhin mit. Wir besuchten z.B. eine „Aufstellung“ bei einem mit ihr bekannten Psychologenpaar, wo sie sich äußerst geschickt anstellte, als sie mich darstellen sollte. Sie erkannte auch meinen Troll ohne Weiteres. Nein, sie wusste, daß er eigentlich meine bessere Hälfte war und sie ließ sich gerne von ihm bezaubern!
Als ich einmal in der Abenddämmerung zwei große rote Lichter am Horizont einander umkreisen ließ war sie fassungslos! Ich denke sie glaubte es seien Dschinns. Vielleicht hatte sie auch ein bisschen Angst, aber sie gab vor mir felsenfest zu vertrauen, so daß ihr nichts geschehen könne.
Ich sonnte mich in ihrer wärmenden Seele, wurde jedoch andererseits auch ein wenig irritiert, als sie mir verriet, daß Allah und sein Prophet Mohammed Musik für Teufelswerk hielten.

Von da an konnte ich ihre Wärme und ihre Offenheit nicht mehr richtig einschätzen – und auch sie hielt sich dezent zurück, um unsere Freundschaft nicht enger werden zu lassen.
Ich verstand sie, denn ihre Vorgeschichte war einigermaßen dramatisch verlaufen: Sie hatte aus Versehen einen deutschen Alkoholiker geheiratet, der am Alkohol verstorben war, ihr aber einen Berg Schulden hinterlassen hatte. Das arme Ding musste sie leider abarbeiten.
Nun wollte sie bestimmt keinen weiteren Fehler mehr in Sachen Beziehung machen und auf Nummer Sicher gehen.
Den Vorschlag ihrer Eltern, nein, den Befehl einen Landsmann zu ehelichen der ihr überhaupt nicht gefiel hatte sie damals ja leider ignoriert. Sie hatte sich sogar von den Morddrohungen ihrer Eltern und Brüder nicht einschüchtern lassen und war ihren eigenen Weg gegangen...

Das hing ihr jetzt schwer nach. Daß Berti ein stadtbekannter Hallodri war, der spätestens alle zwei Jahre die LAG (Lebensabschnittsgefährtin) wechselte störte sie nicht. Berti konnte Frauen grandios von allem überzeugen was ihm gerade vorschwebte. Ich bewunderte ihn darum.
Allerdings war es einer nicht eben überattraktiven Zeitgenossin gelungen, sich dermaßen von ihm über-zeugen zu lassen, daß sie umgehend schwanger wurde. Leider hatte sie die Rechnung ohne den Arzt gemacht, denn Berti ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Er lebte seinen Stil weiterhin fort und hatte auch weiterhin große Erfolge damit.
Indessen kam auf mich etwas zu, von dem ich zwar öfter schon gehört hatte, aber voller Abscheu dagegen war: Die Computerwelt.

„Das kommt mir nicht ins Haus“ hatte ich immer getönt, oder „Dafür bin ich schon zu alt!“ Dessen ungeachtet machte mir Pansteh, der Frauenentkleider, den Mund wässrig, im Hinblick auf die bisher von mir ungeahnten Arbeitsmöglichkeiten. Völlig ohne jede Zauberei sollte ich damit Bücher schreiben können und, man höre und staune, auch Bilder aus dem Nichts in einen virtuellen Raum zeichnen können, die man später sogar ausdrucken konnte.
Dem wollte ich mich nicht länger verschließen. Deshalb ließ ich mich auf Panstehs Anleitungen ein. Von einem meiner zahlreichen Schwäger hatte ich zudem einen winzigen „Apparat“ geschenkt bekommen, auf dem ich zunächst einmal Texte eintippen konnte.

Ich schrieb sofort einen Roman...nein, falsch! Ich ließ mir von meinem Troll einen Roman diktieren, der auch gleichzeitig eine ganz neue Weltraum-Theorie enthielt, mit der ich mir zahlreiche Feinde machte. Das befriedigte mich ungemein.

Überall erzählte ich nun herum wie das, von mir entworfene Universum aussah. Natürlich hatte ich sofort zahlreich Lacher gegen mich, aber ein paar unbedarfte Mitmenschen hörten mir auch, mit großen Augen geduldig zu, wobei sie mir fair zu folgen versuchten.
Auch Dingsbums war zunächst schwer beeindruckt, wechselte aber bald die Lager, als herauskam, daß mir „Fachleute“, aufgrund besserer Bildung vehement widersprachen, weil sie mit solchen Gedanken noch nie konfrontiert worden waren.
Dies und die andauernde Einbindung Schmarris in unseren Gesprächsalltag verärgerte sie dahingehend, daß es wieder einmal keinen Sex gab und wenn, dann höchstens ohne eine besondere Gefühlsreaktion ihrerseits. Sie wickelte „es“ nur ab und das gefiel mir gar nicht.

Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26

© Alf Glocker


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Kommentare zu "Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26"

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26

Autor: Michael Dierl   Datum: 18.09.2022 11:14 Uhr

Kommentar: Moin Alf, tja, so'n Toll hat's tatsächlich nie einfach. Er kämpft an allen Fronten für ein bisschen Anerkennung. Gefällt mir Deine surreale Geschichte über das Leben eines Trolls. Was machen denn die Troll-Lieschen? Gibt's die auch in Deiner surrealen Welt?

lg Micha

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26

Autor: Sonja Soller   Datum: 18.09.2022 11:58 Uhr

Kommentar: Liest sich sehr spannend und aufregend, das Leben eines Trolls, lieber Alf!!
Man kann gespannt sein, auf das, was noch kommt!!!

Herzliche Sonntagsgrüße aus dem gespannten Norden, Sonja

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26

Autor: Kathleen   Datum: 18.09.2022 12:41 Uhr

Kommentar: Lieber Alf,

wunderbar drollig geschrieben:)"Ich sonnte mich in ihrer wärmenden Seele" fand ich besonders schön. Mal sehen wie es weiter geht in deiner Trollwelt.

Re: Mein Leben als Troll (surrealistischer Zeitroman)  26

Autor: Alf Glocker   Datum: 18.09.2022 14:16 Uhr

Kommentar: Michael - ...die kommen noch...
Sonja - vielen Herzlichen...
Kathleen - ja, es geht weiter solange mir noch was einfällt...

LieGrü
Alf

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